"Sorry Jungs, Bämmm!" nachtkritik

Das Käthchen von Heilbronn oder Die Feuerprobe
Ein großes historisches Ritterschauspiel von Heinrich von Kleist

Landestheater Schwaben 2017
Großes Haus

Bühne & Kostüme: Ulrich Leitner
Dramaturgie: Anne Verena Freybott
Mit: Claudia Frost, Miriam Haltmeier, Tobias Loth, Fridtjof Stolzenwald, André Stuchlik, Sandro Šutalo

Fotos: Monika Forster

Intendantin Mädler hat den Text radikal gekürzt und den Schluss so umgestaltet, dass er wie ein feministischer Stinkefinger wirkt. Während bei ihr die Brautkleider an der Theaterdecke hängenbleiben, hat ihr Käthchen andere Pläne.(...)Das innere Ringen zwischen Konvention, Gefühl und Prophezeiung einer kaiserlichen Hochzeit zeigt Tobias Loth jedoch erstaunlich unprätentiös. Wenig Haare raufen, viel Reflektion und das Gefühl – da ist einer auf eine passiv-aggressive Art ermattet von der Vielfalt der Möglichkeiten (ein Kommentar zur Krise des Mannes im 21. Jahrhundert?). Miriam Haltmeier als Käthchen ist da weit weniger verunsichert. Sie folgt der Prophezeiung einer Adelshochzeit mit dem Urvertrauen, dass alles gut wird – hartnäckig, aber abwartend und ruhig. Gerade dank ihres zurückhaltenden Spiels wirkt Haltmeiers Käthchen damit als ungewöhnlich starke Figur in Regisseurin Mädlers Setting. Zu diesem gehört auch, dass das Liebespaar erstaunlich wenig aufeinander bezogen ist. Die Bühne nehmen sie ebenfalls kaum war. Die Brautkleider, die von der Decke hängen, wirken auch dramaturgisch wie die Hüllen, die sie sind. Ansonsten gibt es ohnehin nur Bretter, Licht und damit viel Raum für die Figuren, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Ihr Nachdenken hat Folgen bis hin zu einem völlig anderen Schluss des Stücks. Als am Ende die mittelalterlichen Konventionen gegen die Heirat des bürgerlichen Käthchens mit dem adeligen Ritter ausgetrickst werden, entschließt sich das Memminger Käthchen, sie vollends zu brechen. Gemeinsam mit der eigentlich gedemütigten Kunigunde zieht sie lachend von dannen. Mann, Kaiser und Schicksalsspieler bleiben bedröppelt zurück: Sorry Jungs, Bämmm! Auf die Podiumsdiskussion "Klassiker heute" darf man gespannt sein.
nachtkritik, Steffen Becker, 13. Oktober 2017

Einen Klassiker wie Kleist modernisieren ohne ihn an den Zeitgeist zu verramschen? So kann’s gelingen. (…) Mit einem großartig aufspielenden Ensemble. Langer Applaus. Für alle. Augsburger Allgemeine Zeitung,Brigitte Hefele-Beitlich, 16. Oktober 2017
 
Als der Graf sich nun im vollen Recht wähnt, das schöne Käthchen an sich zu binden, überraschen die Frauen der Geschichte das Selbstverständnis der Männerwelt: Und hauen ab. Ein wunderbarer Wendepunkt in den allerletzten Minuten einer eher klassischen Inszenierung des märchenhaften Stoffs von Heinrich von Kleist. (…) Da macht selbst der Cherub ein dummes Gesicht. Stark! 
Wolfsburger Nachrichten, 06. November 2017

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