Seit der Spielzeit 2022/23 Intendantin des Theaters Oberhausen


Die aktuellen Inszenierungen:

14. März 20225 Theater Oberhausen
Heinar Kipphardt/Lukas Hammerstein: BRUDER EICHMANN/GESCHWISTER EICHMANN

06. Dezember 2024 Nationaltheater Sofia
Dario Bevanda DARKNESS ON THE EDGE OF TOWN (UA)

31. Oktober 2024 Theater Oberhausen
Nora Bossong GRABELAND (UA)

08. Juni 2024 Staatstheater Mainz
Heinrich von Kleist DER ZERBROCHNE KRUG

13. Oktober 2023 Theater Oberhausen
Arne Lygre ZEIT FÜR FREUDE (DSE)

02. September 2023 Theater Oberhausen
SCHAUET - HERZLAND (UA)
Noch mehr Songs für Oberhausen und eine Uraufführung von Noah Haidle

13. Januar 2023 Theater Oberhausen
John von Düffel DIE WAHRHEIT ÜBER LENI RIEFENSTAHL (VON IHR SELBST INSZENIERT) (UA)

Über das Theater Oberhausen

Intendantin Kathrin Mädler im Porträt.
Süddeutsche Zeitung, 26.12.2023
von Alexander Menden

"Ich lege immer erst mal los"
Seit Herbst 2022 leitet Kathrin Mädler das Theater Oberhausen - und zeigt, wie man ein Haus mit Begeisterung und Innovationswillen auf den Erfolgsweg führen kann
.


Kathrin Mädler sitzt in ihrem Büro im Theater Oberhausen und schwärmt davon, was für ein großartiges Haus sie vor gut einem Jahr übernommen habe. Eins, in dem die Identifikation
aller Mitarbeiter mit dem Theater unglaublich groß sei. Eins, in dem "das Miteinander",
das ihr so wichtig ist, einfach funktioniere. Allein Mädlers Enthusiasmus macht schon verständlich, warum sich die Herzen des Publikums in Oberhausen für ihr Theater zu erwärmen scheinen. Das Haus hat seit seiner Gründung 1920 viele Höhen, Tiefen, überregionale Triumphe und Kürzungen erlebt. Die Ära Mädler, die seit etwas mehr als einem Jahr läuft, ist bisher sehr vielversprechend. (...)

Es stimmt, was Kathrin Mädler sagt, die seit der Spielzeit 2022/2023 die Geschicke des
Theaters Oberhausen leitet: "Die Menschen hier wollen ihr Theater lieben." Das war aus
verschiedenen Gründen bei ihrem Vorgänger Florian Fiedler weniger der Fall. Dessen Amtszeit fiel in die Pandemie, es gelang ihm nicht, eine "weitgehende emotionale Bindung des Publikums an das Theater zu entwickeln", wie die Lokalpresse konstatierte. Sein Vertrag wurde nicht über 2022 hinaus verlängert. Mädler, eine aufgeschlossene, beredte und sehr begeisterungsfähige Frau, sagt kein kritisches Wort über Fiedler. Beim Gespräch im Büro der Intendantin, das eine deckenhohe
Werbefahne für ihre Nürnberger "Penthesilea"-Inszenierung von 2011 schmückt, redet sie
stattdessen von all den Neuerungen, die seit ihrem Amtsantritt im vergangenen Jahr vorgenommen
wurden.
Die augenfälligste ist sicher die Einrichtung einer neuen Tanzsparte - die erste seit der
Schließung des Oberhausener Balletts im Jahr 1965. Die "Urban-Arts"-Sparte, die einen
"interdisziplinären Raum" schaffen und vor allem eine Brücke in die freie Szene der Stadt
schlagen soll, gruppiert sich um einen eigenen künstlerischen Leiter. Der aus Ghana stammende
Kwame Osei hat sich auf den Hip-Hop-Stil "Krumping" spezialisiert. Er und fünf weitere Hip-Hop-Tänzerinnen und -Tänzer sind jetzt fester Teil des Ensembles. Und obwohl das Programm noch in seinen Anfängen steckt, belebt die Truppe das Theatergebäude schon ganz erheblich - während der vorabendlichen Session erzittert das ganze Erdgeschoss unter den Beats, die aus der Lounge dringen.

Sie liebe den Kontext "der Entwicklung eines Stadttheaters, das ein toller, lebendiger Organismus" sei, sagt Kathrin Mädler, die auch als Co-Vorsitzende der Intendantengruppe des
Deutschen Bühnenvereins fungiert. Gemeinsam mit so vielen verschiedenen Menschen "auf ein Ziel zu zurennen", sei einfach das Schönste für eine Intendantin.
Die Theaterdichte in Nordrhein-Westfalen ist so hoch wie kaum an einem anderen Ort in
der Welt. Oberhausen ist umgeben von Städten mit eigenen großen Häusern - Essen, Dortmund,
Bochum, Düsseldorf, um nur einige zu nennen. Hinzukommt, dass das Potenzial für einen "klassischen" Theaterabonnentenstamm in Oberhausen relativ gering ist. Da ist eine Auslastung von 66 Prozent in der Spielzeit 22/23 und eine Steigerung um bisher 15 Prozent in dieser durchaus achtbar. Doch die Frage, "wie man hier eine Relevanz entfaltet", stelle sich "in einer Stadt mit der Demografie Oberhausens natürlich noch mal massiver als in Münster oder Regensburg", sagt Kathrin Mädler. Diese Relevanz zu generieren und auszubauen, empfindet sie als ihre Hauptaufgabe als Intendantin.

Eine Rolle, an die sie sich allmählich herangearbeitet hat. 1976 in Osnabrück geboren, hat
Kathrin Mädler in Sachen "theatrale Initialzündung" viel ihrem Mentor Klaus Kusenberg zu verdanken, der in ihrer Jugend inszenierender Oberspielleiter des Osnabrücker Schauspiels war. In Osnabrück assistierte sie Kusenberg, der sie 2005, nach ihrem Dramaturgie und Theaterwissen-schaftsstudium an der LMU und der Bayerischen Theaterakademie in München, an seine neue Wirkungsstätte in Nürnberg holte. Dort, wo sie "von Anfang an viel Verantwortung übernehmen durfte", machte sie 2009 auch auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände ihre erste Regiearbeit, Peter Weiss' "Die Ermittlung". (...)

2016 wurde sie schließlich selbst Intendantin - am Landestheater Schwaben in Memmingen.
Sie ergriff damit auch die Chance, "ein Team zusammenzubringen" und noch mehr Gestaltungsfreiheit zu haben. Das Haus wurde unter ihrer Leitung 2019 mit dem Theaterpreisdes Bundes ausgezeichnet. Man machte im Allgäu kein Hehl daraus, dass man sie gerne noch länger behalten hätte. Doch die Gelegenheit, an einem größeren Haus mit mehr Möglichkeiten und besserer finanzieller Ausstattung zu arbeiten, habe sie nicht ungenutzt verstreichen lassen können, sagt Mädler.

Ihren eigenen Stil als Regisseurin beschreibt sie als "Theater-Theater": Sinnlichkeit,
Lebendigkeit, hohe Emotionalität "bis hin zu dem, was andere vielleicht Kitsch nennen" -
das sei es, was sie interessiere. Coolness und Distanz hingegen überhaupt nicht. Das ist
eher die Ausnahme im deutschsprachigen Theaterbetrieb, wo das Uneigentliche, das auf
ironischer Armeslänge Neben-der-Rolle-Stehen oft die Werkseinstellung ist.

Bei ihrer neuen Inszenierung, der deutschsprachigen Erstaufführung des norwegischen Stücks "Zeit für Freude" von Arne Lygre, ist schön zu sehen, wie Mädler es meint, wenn sie sagt, Theater sei ein Ort "wo man viel von sich gibt, aufmacht und an der Seele schraubt". Lygres Sektion familiärer Beziehungsgeflechte, eine Befindlichkeitsstudie par excellence, bringt die Intendantin als starres, dabei aber ungeheuer aufgeladenes Prachttableau auf die Bühne: In übergroßen, altweißen Luxusgewändern, später im Pelz, verhandeln Archetypen wie "die Mutter" und "die Schwester" ihr Verhältnis untereinander und ihre Gefühle füreinander. Durchmischt mit live gesungenen Schumann-Liedern ist das wohl das, was Mädler selbst, quasi präventiv, als potenziellen Kitsch bezeichnet hat. Aber es ist kein Kitsch, sondern einfach Theater, das nicht vor großen Emotionen zurückschreckt, ohne dabei je ins Melodram abzurutschen.

Dabei ist es Kathrin Mädler wichtig, zu betonen, dass auch sie, wie alle deutschen Theatermacher,
gesellschaftlich und politisch relevantes Theater machen will. Dabei soll jedoch
nie der Eindruck entstehen, da komme jemand mit dem Ansatz "wir wissen was, und das
schenken wir euch jetzt". Es gebe ja auch keinen bildungsbürgerlichen Dünkel seitens des
Publikums, das eine bestimmte Programmgestaltung erwarte. Man könne und solle durchaus
Theater mit einer "Haltung" machen, diese dem Publikum aber nie oktroyieren, sondern
sie immer auch zur Disposition stellen.
Es ist, bei allen offiziellen Beteuerungen, wie wichtig die deutschen Theater seien, eine
schwierige, ja existenzielle Zeit für die Sprechbühnen. Dafür, wie man unter solchen
Bedingungen ortsspezifisch arbeiten und zugleich interessantes Theater machen kann, ist
Kathrin Mädler ein überaus erfreuliches Beispiel - mit einer guten Mischung aus Herz und
Kopf. "Ich lege immer erst mal los", sagt die Oberhausener Intendantin. Damit ist sie bisher
gut gefahren.


Über das Landestheater Schwaben


Jurybegründung zur Verleihung des Theaterpreis des Bundes 2019



Das Landestheater Schwaben in Memmingen erlebt seit 2016 eine umfassende Erneuerung und Wiederbelebung: mit einem leidenschaftlichen und politischen Spielplan, einer groß angelegten Öffnung in die Stadt und über sie hinaus und mit einem starken Fokus auf das Junge Theater. Die Intendantin Dr. Kathrin Mädler und ihr Team katapultierten das Landestheater Schwaben wieder auf die Theaterlandkarte und zeigen, wie man auch in der sogenannten Provinz überregional Aufmerksamkeit generieren und gleichzeitig vor Ort die Zuschauer*innen in verschiedensten Formaten an das Haus binden kann: z.B. mit VEREINIGTE VERGANGENHEITEN, einem Doppelpass-Projekt in Zusammenarbeit mit geheimagentur, mit einer Uraufführung über die Geschichte der Krankenmorde in Irsee zur Zeit des Nationalsozialismus: NEBEL IM AUGUST, mit jungen Regisseur*innen (davon 50% Frauen) und Inszenierungen mit herausfordernder Ästhetik und vielen Ur- und Erstaufführungen, sowie Stückaufträgen. Letztendlich bewies das kleine Haus mit der Tagung „Das Theater der Provinz – Kulturelle Teil-habe und künstlerische Vielfalt als Programm“ in Kooperation mit der Universität Hildesheim, dass es zu den ganz Großen gehört, und dafür zeichnet die Jury es aus.

Katja Nicodemus in DIE ZEIT 17/2019 Kulturorte - Hier sollten Sie unbedingt gewesen sein: Theater Memmingen


Wenn es derzeit in Deutschland eine Bühne gibt, die vor Energie fast zu platzen scheint, weil sie sich mit einem neu durchmischten Ensemble fortwährend verwandelt und ausprobiert und dabei eine ganze Stadt erfasst, dann diese. Seit drei Jahren zeigt die 43-jährige Intendantin Kathrin Mädler in Memmingen, wie Gegenwartstheater aussehen kann, das über Programmheftfloskeln hinausweist. Vor drei Jahren begann sie ihre Amtszeit am Landestheater Schwaben mit einer schwebenden, phantasmagorischen Inszenierung von Henrik Ibsens Peer Gynt. (…) Mädler und ihr Team (allen voran die Dramaturgin Anne Verena Freybott) (haben) das Memminger Publikum mit fröhlicher Beharrlichkeit erobert. Im Großen Haus und auf der Studiobühne präsentieren sie ein auf zwei zentralen Säulen ruhendes, zu verschiedenen Altersgruppen sprechendes Programm: Hier der Zugriff auf Klassiker (…) Und auf der anderen Seite die Vorstellung zeitgenössischer Erstaufführungen, mit Vorliebe aus dem englischsprachigen Raum. "Unausprobierte Texte" nennt Mädler diese großteils im Studio gezeigten Stücke, allesamt Versuchsanordnungen aus dem Zentrum der Pop- und Medienmoderne. (…) Die Hauptrollen dieser beiden deutschen Erstaufführungen (4min12 sec & ADA UND IHRE TÖCHTER) spielten Anke Fonferek und Elisabeth Hütter. Und zwar so hyperpräsent und begeisternd, dass man am liebsten sofort einen Fanclub gründen würde.(…) Dass beide Darstellerinnen nun solche Funken schlagen, folgt einem anderen, übrigens weitgehend ignorierten Gesetz der Revolution: Gelingen kann sie nur, wenn man beim Vorwärtsstürmen auch das Große im Bestehenden erkennt. (…) Inzwischen sind die Vorstellungen fast ausnahmslos ausverkauft, und das Landestheater Schwaben ist wirklich zu einem Teil der Stadt Memmingen geworden – und umgekehrt. (…) In Memmingen wird klar: Ein Theater kann nicht darauf warten, dass die Bürger schon kommen werden. Es tut gut daran, sich zuzubewegen auf die, von denen es lebt und für die es da ist. Im übertragenen wie im konkreten Sinn. Und im Idealfall auf so mitreißende Weise wie Kathrin Mädler und ihr Ensemble.


Porträt auf nachtkritik von Christian Muggenthaler im November 2019: DAS MUTLABOR 
Das Landestheater Schwaben in Memmingen – Ein Haus bringt Frauen in die erste Reihe und hat Erfolg


Intendantin Kathrin Mädler macht, kein Zweifel, politisches Theater und sie hat, wiederum kein Zweifel, frischen Wind nach Memmingen gebracht. Dort, ziemlich fernab von den größeren Theaterzentren, ist Theaterkunst zu sehen, die schon bald nach Mädlers Amtsantritt 2016 auch überregional wahrgenommen wurde. (…) Angefangen haben Mädler und ihre Chefdramaturgin Anne Verena Freybott in der Saison 2016/2017 mit einer Mischung aus "Mut und Blauäugigkeit", wie sie selbst sagen, mit viel Zeitgenossenschaft der Produktionen, vielen Uraufführungen, immer an Themen und Saisonmotti entlang, mit jungen Autor*innen, jungen Regisseur*innen, jungen Ausstatter*innen. Der eingegangene Weg abseits ausgetretener Pfade hat sich schnell als solide Start- und Landebahn für aufregende, gelungene, gedanklich herausfordernde und die Sinne kitzelnde Theaterstücke herausgestellt. Das Haus besitzt mittlerweile spürbar ein Gütesiegel. (…) Einerseits setzt das Team auf klare Erzählungen, auf Geschichten, weniger auf hochartifizielle Sprachspiele. Diese Erzählungen haben immer einen konkreten Bezug zur Gegenwart, sind Stellungnahmen in ihr. Theater ist in Memmingen nicht zuletzt: Haltung. Und andererseits werden Setzungen und Brechungen verwendet, die neue Blicke ermöglichen. (…) Aber diese Brechungen sind nicht Selbstzweck, sondern haben ihren Sinn im Aufbrechen von festgefahrenen Sichtweisen, Rollenbildern, Klischees. Und sie sind auch Folge eines bewussten Setzens auf eine neue, frische, gern auch weibliche Sicht auf die Stoffe. (…) Mit einem Spielplan, der klare Linie hat, Kante zeigt, zu Neuentdeckungen einlädt, kann auch die "Provinz" schnell zu einem bundesweit registrierten Theaterzentrum werden. (…) Ausgangspunkt von allem: die überaus kommunikativen, offenen, zugewandten Persönlichkeiten von Intendantin und Chefdramaturgin. Wenn man mit ihnen spricht, gehen ihre Statements fließend ineinander über. Und wenn sie die "ganz große Offenheit" in der Stadt ihrem Theater gegenüber schnell schätzen und lieben gelernt haben, wie Freybott sagt, gilt das mindestens genauso andersherum. Offenheit geht immer nur wechselseitig. Ein Geist, der das Haus prägt. (…) Eine besondere Stärke des Hauses ist also sein Wirken in die Stadtgesellschaft hinein. Das ist deutschlandweit zwar nicht direkt neu, kann es für jeden einzelnen Ort dann eben doch wieder sein, wenn man dort bemerkt, dass die Themen und Menschen vor Ort erstgenommen werden, dass das Theater sich öffnet und mit der Bürgergesellschaft kooperiert. Musentempel ist nicht mehr. Auch das wird gern wahrgenommen. Diese Frische, diese Offenheit trägt das Theater auch in die Region – und darüber hinaus. (…) Unter anderem kommt es in dem Schauspielhaus (…) immer wieder zu diesen präzisen, starken Bühnenbildern, dieser glasklaren Ästhetik von zumeist jungen Talenten. (…) Von ihren bisherigen Stationen am Staatstheater Nürnberg und am Theater Münster hat Mädler ein Netzwerk dieser Talente mitgebracht, die sich künftig noch stärker entfalten werden.

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